Ein Cordari für alle Fälle

Es liegt ein Hauch Abenteuer in der Luft. Die Helden in der Schlussszene. Die Kulisse stürzt zusammen, der Strommast neigt sich zur Seite, Rauchwolken liegen über der Ebene. Doch die Helden haben es gerade noch geschafft. In Orange von Kopf bis Fuss, mit verspiegelten Brillen, lassen sie Rauch und Schall hinter sich...

Porträt: Dagmar Wurzbacher
Bilder: Max Strässle / Matthias Gerber

 

Dino Cordari schmunzelt beim Betrachten des Bildes vom Katastrophen-Übungsgelände der Armee. „Ja, diese Trainings sind lässig. Etwas für die Pfadfinder unter uns.“ Die neuesten Suchkameras testen, mit der Akkustik die Felsen entlang auf Geräusche von verschütteten Menschen hoffen, in schmalen Hohlräumen umher robben, Betonblöcke zersägen, Helikopter fliegen.

 

Doch das coole Zusammensein kann schnell zum Ernstfall werden. Eine Trainingsanlage wie hier in Epeisses zu Trümmern einer Stadt, wie erst kürzlich nach dem Erdbeben in Albanien. Oder ein blühender Abhang mit einem lieblichen Fluss zu einer Schlamm-Felsenstein-Masse, die zwei Menschen unter sich begräbt wie in Chamoson im Wallis im Sommer 2019.

Technische Ortung bei REDOG

Nach dem Erdbeben im November 2019 in Albanien war REGOG mit vier Hundesuchteams im Einsatz. Die Hundenase ist auch heute noch das zuverlässigste Ortungsmittel, um menschliche Witterung aufzuspüren.

Technische Ortung kann die Anzeige eines Suchhundes bestätigen, Verschüttete noch genauer orten und die Trümmerlage beurteilen. Teilweise wird sie auch an Orten eingesetzt, die für Hunde gefährlich sind.

Die Ausbildung zur „Fachperson Technische Ortung“ dauert zwei bis drei Jahre. Technisches Interesse, körperliche wie seelische Belastbarkeit, ein sehr gutes Hörvermögen und eine gute Sehkraft sind die Anforderungen. Ausbildung

Grund für das Engagement des damals 30-Jährigen bei REDOG, dem Schweizerischen Verein für Such- und Rettungshunde, ist eigentlich ein Hund, Mischa. Die Australian Sheperd Hündin wurde schon kurz nach ihrer Geburt Familienmitglied der Cordaris. Auf der Suche nach einer Ausbildung schnupperte Dino Cordari mit ihr in verschiedenen Angeboten. Zum Beispiel bei den Lawinensuchhunden. Doch das kam für den Bündner nicht in Frage. „Ich mag Winter nicht so sehr“, sagt er, der in dem Kanton mit den schneereichsten Monaten lebt.

 

Bei REDOG ist er geblieben. Warum? „Ich wurde so herzlich empfangen.“ Obwohl er damals gar nicht so richtig wusste, um was es geht. Mit ein Grund für sein Bleiben dürfte gewesen sein, dass Mischa ein Talent als Suchhund entwickelte und enorm Freude an den Trainings zeigte. „Wenn wir auf die Übungsplätze gehen, kennt Mischa nichts anderes mehr. Sie arbeitet ‚brutal‘ gut“, sagt Dino Cordari, nicht ohne Stolz. Behände und flink springt Mischa über die Betonplatten, die so aufgeschichtet sind, dass sie Gebäude nach einem Erdbeben simulieren. In ihrem Untergrund verlaufen Schächte, in denen Figuranten liegen. Freiwillige, die einen Verschütteten spielen. Sie gilt es zu aufzuspüren.

Immer wieder mal ein Blick zurück, ein kaum sichtbares Zeichen von Cordari, dann sucht Mischa weiter. „Sie zeigt mir ganz klar, wann sie unsicher ist und mich braucht“, erklärt er. „Im Lauf der Trainings entwickelt man ein Gespür für diese Art der Zusammenarbeit und des Vertrauens.“ Ein Vertrauen, das auch daher resultiert, dass Mischa zur Familie gehört, ein Familienhund ist. Wie alle REDOG Hunde. „Mit Mischa hat meine heute dreijährige Tochter laufen gelernt“, schildert Cordari das innige Verhältnis. Am Fell hat sie sich hochgezogen und Mischa hat die tapselnde Lia sicher geleitet.

 

Dino Cordari ist einer der wenigen bei REDOG, die mit Hund und Technik arbeiten.

Nun, heute ist Dino Cordari nicht nur begeisterter Hundeführer, sondern auch überzeugter Freiwilliger, der Menschen in Not helfen möchte. Parallel zum Training mit Mischa hat er die Ausbildung und Prüfung zum Spezialisten Technische Ortung erfolgreich bestanden. Es kann von Vorteil sein, im Fall einer Katastrophe über Kenntnisse in beiden Sparten zu verfügen. „Während Mischa sucht, überlege ich schon, wo ich mit Kamera oder Horchgerät die Information, die sie mir gibt, optimal ergänzen kann. Und ich kann sie erst noch grad selber einsetzen“, erklärt Dino Cordari. Dino Cordari ist einer der wenigen der Rettungsorganisation, der mit Hund und Technik arbeitet.

Doch bei den Trainings ist es nicht geblieben. Er ist Vorstandsmitglied, wartet das Material, engagiert sich für Nachwuchsförderung. 60 Termine stehen pro Jahr auf seiner Agenda. „REDOG ist für mich der Ausgleich zu meinem Job als Projektleiter“, sagt der zweifache Familienvater, der es schätzt, mit Menschen unterschiedlichsten Biografien und Alters nach dem Training am Tisch zu sitzen. „REDOG ist mein Ding!“