Erdbeben in Indonesien: REDOG im Einsatz

Das Wichtigste in Kürze: REDOG ist mit sechs Rettungshunde-Equipen im Einsatz nach dem Erdbeben in der Region Padang. 120 Retterinnen und Retter sind mit der ganzen Rettungskette Schweiz vor Ort. Bericht: Ivo Cathommen, der mit Uma im Einsatz steht

Impressionen aus dem Einsatz
REDOG in den Medien

Mittwoch, 7. Oktober 2009
08:00 Uhr, Zürich

Das Corps der Rettungskette Schweiz ist mit der Swiss-Sondermaschine aus Bangkok in Zürich gelandet. Mit an Bord die 27 Mitglieder von REDOG mit 18 Katastrophenhunden. Damit ist der Einsatz im Erdbebengebiet der Region Padang für die Rettungskette Schweiz jedoch noch nicht abgeschlossen, der Schwerpunkt liegt nun auf der Unterstützung der lokalen Bevölkerung bei der medizinischen Versorgung und mit Material für Obdachlose.

Am Flughafen wurden die RetterInnen von zahlreichen Honorationen – darunter die Botschafterin Indonesiens in der Schweiz – sowie zahlreichen Freunden und Angehörigen begrüsst. Toni Frisch, Chef des Schweizerischen Korps für Humanitäre Hilfe (SKH), würdigte den Einsatz in Indonesien als beispielhaften Akt der Unterstützung für die betroffene Bevölkerung.

Glücklicherweise verzeichnete das Corps während seines Einsatzes keine ernsthaften Verletzungen und Zwischenfälle.

Dienstag, 6. Oktober 2009
19:00 Uhr, Bangkok

Die Mehrheit des Rettungskette-Teams ist in der thailändischen Hauptstadt angekommen. Einige SpezialistInnen sind für die Unterstützung des Wiederaufbaus in Padang geblieben. Es tut gut, die Swiss-Maschine und die vertraute Crew wieder zu sehen - sie haben hier in Bangkok auf uns gewartet. Die letzten zwei Tage waren für das Management hektisch, die Retter und wir HundeführerInnen waren mehrheitlich zum Warten verdammt. 

Alle nehmen es sehr gelassen und nutzen die Zeit, um sich von den Strapazen auszuruhen und mit den Teammitgliedern Meinungen auszutauschen. Bedrückende Erlebnisse im Laufe des Einsatzes können bereits im Team besprochen und verarbeitet werden. Gemeinsam wurde in den letzten Tagen die Grenze der Belastbarkeit überschritten. Gegenseitige Unterstützung hilft, die Bilder und Eindrücke zu verarbeiten.

HundeführerInnen werden stolz auf ihre vierbeinigen Partner sein. Die Erfahrung bewies ihnen, dass sich die jahrelange Ausbildung gelohnt hat und diese im Einsatz unter Extrembedingungen abrufbar ist. Der Hundeführer ist mit seinem treuen Vierbeiner im Einsatz zu einer wirklichen Partnerschaft zusammengewachsen. Der gute Team-Geist bei allen in der Rettungskette Schweiz während der letzten Tage hat vielen die Kraft gegeben, Unmögliches noch zu versuchen, und das Unvermeidbare zu akzeptieren.

Die Frage, die wir uns hin und wieder stellen: "Lohnt sich der ganze Aufwand, das ganze Jahr über 24 h/365 Tage als Freiwilliger bereit zu sein für die Möglichkeit, Leben zu retten und Leiden zu lindern?", diese Frage wird sich morgen erübrigen.

Wertvolle Erfahrungen und Erkenntnisse aus diesem Einsatz werden in den Alltag und die Ausbildung einfliessen. REDOG wird bestärkt seinen Weg weitergehen, damit auch in Zukunft professionelle Ortungs-Arbeit auf Freiwilligenbasis gewährleistet werden kann. Sei dies für die Rettungskette CH oder die Bedürfnisse bei einer Katastrophe im Inland.

Dass wir letztlich direkt kein Menschenleben aus den Trümmern retten konnten, hat erst auf das Gemüt gedrückt. Letztlich dürfen wir aber alle sehr stolz sein, in Padang dabei gewesen zu sein. Morgen Mittwoch 8 Uhr werden wir in Zürich sein.

Montag, 5. Oktober 2009
18:00 Uhr, Padang Airport

Wir sind auf dem Flughafen eingetroffen. Nach und nach folgt das gesamte Material, das nun für den Flug nach Hause vorbereitet wird. 

Der Rückflug ist für morgen Dienstag Mittag angesetzt. Weil das Swiss- Flugzeug hier nicht vollgetankt landen und starten kann, werden wir in Bangkok einen Zwischenhalt von 9 Stunden einlegen. Für den Abbau der Basis war nochmals ein Effort aller nötig. Die Hunde haben hier am Flughafen die nötige Ruhe und viel Auslauf. Und alle Teammitglieder Zeit, die Erfahrungen auszutauschen. Hoffentlich bleibt das Wetter heute Nacht trocken - wir schlafen im Freien.

11:00 Uhr, Padang

Soeben kommt die Information, dass wir am Nachmittag an den Flughafen verschieben. Es regnet derzeit wieder stark. Camp-Abbau mit nassem Material. Aber die Moral ist ungebrochen gut. Glücklicherweise verzeichnen wir im Team keine ernsthaften Verletzungen. Alle sind wohlauf. Unsere Hunde ebenfalls, auch wenn die Müdigkeit auch bei ihnen mit den Händen zu greifen ist. Das lange Warten, Hitze und Luftfeuchtigkeit machen ihnen zu schaffen.

Die Berichte von der Rettungskette lassen die Hoffnung schwinden, dass jemand lebend gerettet werden kann. Für HundeführerInnen und RetterInnen ist dieses Gefühl der Ohnmacht sehr schwer zu ertragen. Neben Müdigkeit und Stress wird wohl jeder mit innerer Verzweiflung zu kämpfen haben, mitfühlend mit den Angehörigen, die den Arbeiten zusehen.

Schwanken zwischen Hoffen und Bangen, miterleben müssen, wie jeder noch so grosse Rettungsversuch nicht den erwünschten Erfolg bringt und die Überlebenszeichen schwächer werden, ist eine enorme Belastung.

Auch wenn die Rettungsversuche nicht von Lebendrettungen gekrönt sind, ist die Anwesenheit der ausländischen Rettungsteams für die Bevölkerung dennoch sehr wichtig. Die RetterInnen mit ihren Suchhunden und Infrastruktur geben der Bevölkerung im ersten Schock und in ihrer Trauer das Gefühl, nicht allein zu sein sondern getragen zu werden von der grossen Solidarität aus der ganzen Welt.

Wenn Menschen sehen, dass Fremde alles daran setzen um ihr Leid zu schmälern und keinen Versuch auslassen, um mit ihnen den letzten Strohhalm der Hoffnung für ihre Angehörigen zu ergreifen, gibt das Kraft um das Unvermeidbare tragen zu können: den Verlust ihrer liebsten Menschen.

Sonntag, 4. Oktober 2009
20:00 Uhr, Padang

Inzwischen hat in Padang heftiger Regen eingesetzt. Auf den Schadenplätzen sind die Arbeiten eingestellt. Der Fokus liegt auf der Unterstützung der Bevölkerung. Die entsprechenden Fachleute arbeiten auf Hochtouren. Die hoffnungsvollen Anzeichen, Zeugenaussagen und Ortungen haben nicht zu Rettungen geführt. Wir stoßen einfach nicht zu den Opfern vor und sie sterben uns unter den Trümmern weg. Die Zeichen sind in der Nacht auf Sonntag immer schwächer geworden. Gleichwohl erfahren wir sehr große Dankbarkeit und Unterstützung durch die lokale Bevölkerung. Der Spirit der Rettungskette Schweiz ist sehr eindrücklich. Uns HundeführerInnen geht die Arbeit nahe.

Samstag, 3. Oktober 2009
16:00 Uhr, Padang

Unsere Equipe ist jetzt seit 16 Stunden an der Sucharbeit im Hotel Rocky. Wir haben gesicherte Hinweise von Zeugen,dass sich im komplett eingesackten Erdgeschoss eine Person befindet. Die Anzeigen unserer drei Hunde bestätigen dies, aber wir können mit den RetterInnen einfach nicht zu dieser Person vorstoßen. Die Nerven aller Helfenden sind angespannt. Von den anderen Schadenplätzen kommen immer wieder Meldungen über gefundene Personen. Die grosse Luftfeuchtigkeit setzt Menschen und Hunden sehr zu. Aber der Teamgeist ist hervorragend. Das Militär hilft uns, die vielen Schaulustigen im Zaum zu halten. Im Camp werden wir nun ein paar Stunden ausruhen können – hoffentlich. In der Nacht geht die Suche für unsere Equipe weiter.

08:00 Uhr, Padang

Bis heute morgen konnte die Rettungskette keine Lebendrettungen vornehmen. Die Teams konnten jedoch mehrere Leichen finden. Für Angehörige ist auch dies eine grosse Hilfe, wenn sie ihre Angehörigen finden und bestatten können.

Der Druck, Menschen noch lebend zu retten, ist immens für die Teams. Die Erwartungen der Bevölkerung sind riesig und es ist für sie schwer zu verstehen, dass die Sucharbeit viel Zeit beansprucht.

Zurzeit arbeitet man intensiv auf drei Schadenplätzen sowie in den Strassenzügen in Padang. Es handelt sich um die schwer zerstörte Schule Prayoga, das Hotel Ambadjan und das Hotel Rocky.

Freitag, 2. Oktober 2019
19:00 Uhr, Padang

Das feuchtheisse Klima ist überwältigend. Die Hunde kämpfen anfänglich. Wir verschieben mit einem Kleinbus in ein Fussballstadion in die Innenstadt, wo unser Base aufgebaut wird. Seit 18 Uhr ist es dunkel. Die ersten Equipen sind ausgerückt. Vor allem in den Trümmern des zentalen Spitals, von Schulen und Einkfauszentren werden noch Lebende vermutet. In einer Schule soll eine Frau gerettet werden, die ansprechbar, aber eingeklemmt ist. Wahrscheinlich werden die übrigen Equipen noch in der Nacht ihre Arbeit aufnehmen. Die Zeit drängt...

14:30 Uhr, Padang

Die Schweizer Rettungskette ist in Padang eingetroffen. Das gesamte Team wird  mindestens zwei bis vier Tage in der Katastrophenregion bleiben. Zu den rund 120 Schweizer Einsatzkräften gehören nicht nur Rettungsspezialisten des VBS, Ärztinnen und Sanitäter, sondern auch Fachleute für Gebäudesicherheit, Wasserversorgung und den Bau von Notunterkünften. Nach dem Ende des Rettungseinsatzes wird ein Teil der ExpertInnen vor Ort bleiben, um die Überlebenshilfe für die lokale Bevölkerung zu koordinieren.

Donnerstag, 1. Oktober 2009
Abends, Flughafen Zürich

102 Mitglieder der Rettungskette Schweiz warten auf den Abflug. Geplante Startzeit 19.30 Uhr. Die erste Aufregung hat sich etwas gelegt. Vor uns liegen 10 Stunden Flug. Die Hunde dürfen wir Hundeführer in die Kabine nehmen. Swiss hat kurzfristig einen Airbus A 340 zur Verfügung gestellt.

Das Vorausdetachement hat Zürich in Richtung Sumatra am Mittag verlassen. Seitens REDOG sind folgende Personen unterwegs: Elias Kalt, Chef Einsatz, Lee Bregy und Robert Meier. Nach dem Besichtigen gemeinsam mit einem Schadenplatzverantwortlichen der Rettungskette Schweiz werden sie versuchen, bereits Verschüttete zu orten, damit nach Eintreffend der gesamten Staffel die Rettungen sofort beginnen können. Das Vorausdetachement ist um ca. 5.30 Uhr Lokalzeit gelandet.

Für den Einsatz in Indonesien sind im Weiteren aufgeboten: Doris Krähenbühl, Bruno Maurer, Markus Wild, Denise Wild, Katherine Fankhauser, Philippe Grosch, Sandro Galli, Isabelle Hagenbuch, Severin Kuster, Jo Näpflin, Carla De Pretto, Ivo Cathomen, Toni Hug, Sonja Hiltebrand, Tanja Aeberhard, Morena Kotay, Arielle Christe, Linda Hornisberger, Rea Wyser, Beat von Niederhäusern, Hanspeter Marending, Andreas Enzler, Antoinette Hutter, Gaspard Zbinden